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Das hier habe ich gestern in Spotify entdeckt: “Daily Drive - Dein Mix aus News und Musik.” Es ist wie ein Radiosender, nur dass zwischen den Wortbeiträgen nicht “80er, 90er und das Beste von heute” kommt, sondern meine persönlichen Lieblingstitel.

DailyDrive von Spotify

Die Wortbeiträge liefert der Deutschlandfunk, also ist hier für mich das Beste aus beiden Welten vereint: Radio und Streaming-Dienst.

Spotify überrascht mich immer mal wieder mit neuen personalisierten Angeboten wie diesem. Es scheint fast jede Woche etwas Neues zu geben. Wie machen die das?

Man sieht dort die Softwareentwicklung nicht als eine Abfolge von Projekten. Wahrscheinlich auch nicht als ein Produkt, das immer weiterentwickelt wird (von Spotify Version 3.4 auf Version 3.5, zwei Monate später). Vielmehr baut Spotify AB (die Firma) eine Plattform, die eine Vielzahl von Produkten unterstützt: Alben, Playlists, Meine Top 100, Empfohlene Songs, Messung der Nutzeraktivität usw. Ein Plattform, auf der man in schneller Abfolge neue Angebote wie “Daily Drive” launchen kann. Einige dieser Angebote funktionieren nicht, d.h. sie werden von den Nutzern nicht gut angenommen – dann werden sie eben wieder eingestellt. Was funktioniert, wird ausgebaut.

Wir hatten schon darüber geschrieben, dass für die IT “Produktmanagement” ein besseres Paradigma ist als “Projektmanagement”, weil stetige Weiterentwicklung besser funktioniert als große Projekte. Wenn man dann immer häufiger neue Produkte herausbringen will (muss), landet man zwangsläufig bei einer Plattform-Strategie: Die Produkte müssen möglichst viele gemeinsame Komponenten verwenden, das spart Kosten und Entwicklungszeit durch Wiederverwendung. So läuft es z.B. in der Autoindustrie – die Modelle sehen zwar verschieden aus, haben aber viele gleiche Teile unter der Haube.

Ich bin sicher, dass man auch bei Spotify die Plattform als universelle Plattform betrachtet, eine Basis für heutige und zukünftige Produkte, egal ob wir sie jetzt schon kennen oder nicht.

Die Basisarbeit ist in der Plattform schon getan: Stammdaten für Musikstücke sind erfasst, die Rechte sind geklärt, es gibt einen Empfehlungsmechanismus usw. Auch die Infrastruktur ist schon eingefahren: Testumgebungen, Monitoring, Updates des Clients usw. Und schließlich sind die meisten Teams stabil. Die Zusammenarbeit ist eingespielt und sie sind Experten auf ihrem jeweiligen Gebiet geworden, z.B. indem sie denselben Microservice schon seit zwei Jahren weiterentwickeln und betreiben.

Wenn die Basis stabil und gut verfügbar ist, kann man relativ leicht die letzten fünf Prozent als “Neuentwicklung” für ein neues Angebot wie “Daily Drive” stemmen. Etwa Beiträge vom Deutschlandfunk akquirieren, oder einen Empfehlungsmechanismus für Wortbeiträge bauen.

Ist “Daily Drive - Dein Mix aus News und Musik” das Aus für die Deutschlandfunk-App auf meinen Mobilgeräten? Kann sein. Auf jeden Fall kann der Deutschlandfunk mit dem Nutzererlebnis nicht mithalten: Wenn einer meiner eher obskuren Lieblingssongs, “Stefan en Lisette” beipielsweise, im Deutschlandfunk gespielt würde, würde ich sofort aufhorchen und den Deutschlandfunk ein kleines bisschen mehr mögen.

Ich sehe übrigens “Daily Drive” nur auf meinem Computer und nicht auf dem Smartphone, wahrscheinlich ist es noch im A/B Test?

Matthias Berth

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