[SL] Sabotage für alle

Die Vorläufer-Organisation der CIA hat im 2. Weltkrieg ein “Simple Sabotage Field Manual” herausgegeben. In der Anleitung geht es darum, wie man als normaler Mensch (“citizen-saboteur”) mit alltäglichen Mitteln die Herrschaft der Nazis an allen Ecken und Enden behindern und schwächen kann.

Titelseite: OSS "Simple Sabotage Field Manual"

(Bildquelle: archive.org)

Da finden sich systematisch aufgelistet Dutzende Sabotage-Tipps in Rubriken wie Eisenbahnverkehr (Steine in Weichen legen, fehlerhafte Fahrkarten ausgeben), Straßenverkehr (falsche Auskunft geben, wenn der Feind nach dem Weg fragt, als Taxifahrer einen unnötig langen Weg nehmen, wenn der Feind Passagier ist) und Industrieproduktion. Man muss nicht immer direkt irgendwo eingreifen–alles was Frustration und Zeitverluste erzeugt, kann helfen: Sich dumm anstellen, schlampig arbeiten usw. Ganz wichtig für unseren “citizen-saboteur” ist natürlich, dass er nicht Gefahr läuft, entdeckt zu werden. In der Sabotage-Anleitung gibt es dazu einen gesonderten Abschnitt, so soll man etwa ganz alltägliche Materialien verwenden (Nägel, Faden, Kerzen, Papier), und natürlich beim Brandstiften nicht rumstehen und zusehen, ob das Feuer auch wirklich ausbricht. Wenn man dann doch mal bei einer “Unachtsamkeit” erwischt wird, gilt es, sich wortreich zu entschuldigen bzw. Dummheit oder Unwissenheit vorzuschützen.

In Abschnitt (11) General Interference with Organizations and Production Unterabschnitt (a) Organizations and Conferences finden sich echte Perlen:

  1. Bestehen Sie darauf, dass alle Angelegenheiten auf dem Dienstweg geklärt werden. Erlauben Sie keine Abkürzungen, um Entscheidungen zu beschleunigen.
  2. Halten Sie “Reden”. Sprechen Sie so oft wie möglich und sprechen Sie lange. Veranschaulichen Sie Ihre Argumente mit langen Anekdoten und Berichten aus Ihrer persönlichen Erfahrung. Zögern Sie nie, ein an passender Stelle ein paar “patriotische” Kommentare abzugeben.
  3. Wenn möglich, verweisen Sie alles an eine Kommission zur eingehenderen Prüfung. Versuchen Sie alle Kommissionen so groß wie möglich zu machen – nie weniger als fünf Leute.
  4. Bringen Sie so oft wie möglich irrelevante Themen auf den Tisch.
  5. Sein Sie pingelig bei Formulierungen von Mitteilungen, Protokollen und Beschlüssen.
  6. Kommen Sie auf Dinge zurück, die beim letzten Meeting entschieden wurden, und versuchen Sie, die Sinnhaftigkeit der Entscheidung zu hinterfragen.
  7. Raten Sie zur “Vorsicht”, sein Sie “vernünftig” und drängen Sie die anderen dazu, ebenfalls “vernünftig” zu sein und nichts zu überstürzen, denn es könnte ja später zu Peinlichkeiten oder Schwierigkeiten führen.
  8. Machen Sie sich Sorgen über die Angemessenheit einer Entscheidung – werfen Sie die Frage auf, ob die Gruppe überhaupt berechtigt ist, das zu entscheiden, oder ob die Entscheidung vielleicht im Widerspruch zu den Richtlinien einer höheren Führungsebene liegt.

Die Autoren bezeichnen die Anleitung aus dem Jahre 1944 als einen ersten Anfang, man arbeite an der Erweiterung. Mag sein, dass im Laufe der Jahre Einiges dazu kam und etliche Anschnitte überarbeitet werden mussten. Aber die Tipps im Abschnitt (11) General Interference with Organizations and Production sind zeitlos.

Matthias Berth

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