“Die Leute wollen keinen Viertelzoll-Bohrer kaufen, sie wollen ein Viertelzoll-Loch.” – Theodore Levitt
Dieser Spruch wird oft verwendet, um zu verdeutlichen, dass sich Firmen nicht auf ihre Produkte sondern auf den Kundennutzen konzentrieren sollen.
In der Softwareentwicklung gibt es ein ähnliches Phänomen. Da kommen manchmal die Nutzer mit sehr konkreten Vorstellungen: “Wir brauchen hier eine Funktion, die so und so aussieht. Ich habe das schon mal aufgeschrieben, wann kann ich das haben?” Der Kunde kommt also mit der Lösung (“Ich brauche einen Viertelzoll-Bohrer”) und ist dann mehr oder weniger zufrieden, wenn er das Gewünschte bekommt.
Das Beispiel mit dem Bohrer ist eingängig. Man muß aber noch über das Viertelzoll-Loch hinaus gehen: Warum will der Kunde ein Loch in der Wand? Es geht dem Kunden eigentlich nicht um das Loch in der Wand, sondern um das, was er dort anbringen will. Was ist das - ein Poster? ein Ölgemälde? ein Regal? Und auch damit sind wir noch nicht am Ende mit den Warum-Fragen. Welchen Zweck soll das Regal erfüllen?
Wenn man Softwareentwicklung nur kritiklos das umsetzt, “was sich die Anwender wünschen” verschenkt man viele Optionen. Statt dessen sollte man im Hinterkopf haben: Der Anwender kommt mit der Lösung, weil er es gut meint. Wir sollten es aber einordnen als seine Weise, uns zu sagen, was er braucht. Deswegen nie die Warum-Fragen vergessen: “Warum braucht Ihr diese Funktion?” oder etwas diplomatischer: “Hilfst Du mir bitte, das dahinter liegende Problem zu verstehen?” Dann weitermachen mit den “Warum”-Fragen. Im B2B begegnet man dabei irgendwann den klassischen drei Zielen: Einnahmen steigern, Kosten senken, Risiken verringern.
Beide Seiten müssen sich ein gemeinsames Verständnis des Problems erarbeiten. Das macht Arbeit, aber: Dann entwicklen sich wesentlich bessere Lösungen als in dem einfachen Spiel von Anforderer und Erfüllungsgehilfe.
Matthias Berth