Nie läuft alles rund in Projekten. Je mehr Leute an einem Release oder einer Auslieferung beteiligt sind, desto häufiger treten Wartezeiten auf. Spezielle Zulieferungen und Anpassungen durch einzelne Mitarbeiter sind dann die Engpässe und geben dem Rest immer wieder die Möglichkeit, eigene Verzögerungen (Restlieferungen) zu kaschieren. In vielen Fällen erhöht sich dann der übliche Kontroll-Zwang. Mehr Status-Meetings werden anberaumt, und mit jeder Verzögerung steigt auch noch die Anzahl der Teilnehmer.
Na gut, werden jetzt viele denken, das ist doch das übliche Tagesgeschäft. Richtig, aber wer in einem komplexen Umfeld die Verzögerungen minimieren will, muss mit Störungen pragmatisch umgehen. Wenn wir in sehr großen Projekten zur Softwarelieferung arbeiten, werden wir häufig zur Krisenintervention beauftragt, speziell wenn eine Vielzahl von “ungelösten Problemen” auf dem Tisch liegt und Termine weit überschritten sind. Was hilft, ist jetzt nicht eine aufwändige Aufarbeitung des IST-Zustandstands inklusive Vergangenheitsbewältigung mit Schuldzuweisungen. Nein, es sind vielmehr einfache Schritte, die alle Beteiligten nachvollziehen können:
Eine Aufstellung aller Punkte die noch offen sind.
Zu jedem Punkt muss der Verantwortliche eine verständliche Beschreibung vermitteln, was der Punkt konkret bedeutet. Diese Erklärung muss so formuliert sein, dass alle Beteiligten verstehen können, warum die Aufgabe zu erledigen ist und wie sie letztendlich zum Projekterfolg beiträgt.
Schließlich nehmen wir noch auf, wer an der Aufgabe arbeitet. Hier treten die meisten Ungewissheiten auf, denn oftmals trifft hier Glauben (es wird schon Herr/Frau X machen) auf Hoffen (das hat mein Team im Griff). Manchmal wird auch erst in diesem Schritt klar, durch wessen fehlende Zuarbeit etwas nicht weiter kommt.
Wenn wir die Punkte erhoben und überprüft haben, beginnt unser “Lauf” von Mitarbeiter zu Mitarbeiter. Zu jedem Punkt wird im direkten Gespräch geklärt, warum es “hängt”, welche Zuarbeiten von wem benötigt werden usw. Dann werden die erkannten Hindernisse schnell aus dem Weg geräumt. Ja, trivialer geht es nicht mehr, aber besonders in sehr großen Projekten haben sich die Laufwege in jedem Fall rentiert.
Zeitweise hatten wir in Bug-Fixing Phasen bis zu 12 Läufer (inklusive uns selbst) kontinuierlich im Einsatz, bei einer Organisation von über 150 Entwicklern an mehreren Standorten. Wir organisierten 3 tägliche Abstimmungen 7:00 Uhr, 12:00 Uhr und 17:00 Uhr um so über 300 Bugs innerhalb kürzester Zeit zu beheben.
Unser Appell, gerade in der Krisenintervention:
Komplexität ist keine akzeptable Entschuldigung! Fordert eine verständliche Erklärung und sprecht bitte direkt mit den Beteiligten. Oft ist das der simple Schlüssel zu Geschwindigkeit und führt zu einfachen und wirksamen Lösungen.
Christoph Lefkes