Während unserer Einsätze zur Krisen-Intervention werden wir häufig gefragt, ob die Führungsspanne im Unternehmen eine Ursache für akute Fehlstellungen ist.
Verhindert die ideale Führungsspanne, dass wir nachträglich die Kohlen aus dem Feuer holen müssen?
Zunächst einige Definitionen im Zusammenhang mit der Führungsspanne:
- Führungsspanne oder Leitungsspanne ist die Anzahl der Mitarbeiter die direkt einer Führungskraft hierarchisch unterstellt sind.
- Eine optimale Führungsspanne ist nicht zu definieren, auch wenn frühe Ausführungen von 8-10 Mitarbeitern sprechen.
Im Kontext der agilen Führung werden heutzutage gerne die u.a. in Scrum festgelegten Teamgrößen von 3-9 Entwicklern als ideale Führungsspanne zitiert,
die aber nicht auf andere Umfelder übertragbar sind.
- Es gibt keine wissenschaftlich fundierten Belege für eine ideale Führungsspanne, Ausnahme sind lediglich stark bürokratisch geführte Unternehmen mit einer Führungsspanne von 4-10.
- Eine Führungsspanne sollte generell nur so groß sein, dass es einem Vorgesetzten immer möglich bleibt, gut innerhalb dieser Spanne zu kommunizieren, zu koordinieren und zu kontrollieren.
Wie gehen wir daher an die Beantwortung der Frage heran?
Die Führungsspanne kann nur je Bereich festgelegt werden.
Grundsätzlich sind folgende Kriterien unbedingt zu betrachten:
- Qualifikation der Führungskraft.
Welchen Bezug hat die Führungskraft zum Unternehmen und den zu verantwortenden Aufgabenfeldern.
Je geringer die Bereitschaft der Führungskraft, das Aufgabengebiet fachlich zu durchdringen, umso höher die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns.
- Qualifikation der Mitarbeiter.
Wenn diese autonom wirken können und die Führungskraft den Kontext vermittelt, wird auch eine hohe Führungsspanne sehr erfolgreich sein.
- Verschiedenartigkeit der Aufgaben
- Frequenz der Veränderung
- Führungstiefe, denn eine sehr steile (mehrstufige) Leitungstiefe nimmt viel mehr Zeit in Anspruch bis zur Zielerreichung.
Viele Hierarchie-Ebenen unterbrechen den schnellen Informationsfluss und die Entscheidungsfindung
Unsere Empfehlung ist daher keine Pauschalaussage, sondern eine gemeinsame Bewertung der Situation vor Ort.
Wir legen dann je Bereich eine sinnvolle Führungsspanne an.
Das Bundesverwaltungsamt hat hier einen sehr praxisnahen (und kurzen)
Leitfaden
entwickelt,
der weitere wesentliche Faktoren wie z.B. Delegationsgrad und Belastung durch andere Aufgaben abdeckt.
Abschließend bleibt festzustellen, dass wir sehr gute Erfahrung damit gemacht haben, die Führungsspanne individuell festzulegen.
Maßgeblich ist jedoch die Fähigkeit der Führungskraft, sich fachlich und funktional auf Ihren Bereich einzulassen und nicht nur zu „managen“.
Hierzu noch eine Empfehlung des Bundesverwaltungsamtes: “Neben der Wahrnehmung von Leitungs- und Führungsaufgaben sollen Führungskräfte regelmäßig auch sachbearbeitend tätig werden.”
Wenn die Führungskraft gelegentlich selbst die Kohlen aus dem Feuer holen muss, dann ergibt sich die notwendige Führungsspanne ganz von allein.
Christoph Lefkes