Man kann nur voll ausgelastet oder gut verfügbar sein, beides zusammen wird schwierig. Wenn Leute produktiv zusammen arbeiten, sind oft die einen gut ausgelastet und die anderen gut verfügbar. Denken Sie an Software-Entwickler. Damit die gut ausgelastet sind, muss fast ständig jemand bereit sein, die Spezifikation zu erläutern, etwas zu testen oder allgemeines Feedback zu geben. Ganz ausgeprägt ist das im ExtremeProgramming (XP): dort gibt es den “On-Site customer”, der direkt beim Team sitzt und zur Verfügung steht, um Fragen zu beantworten.
Bei einer Operation im Krankenhaus läuft es ähnlich: Der operierende Chirurg ist voll ausgelastet. Ringsherum sind etliche Andere, die im richtigen Moment ein Instrument anreichen, mal ganz schnell etwas erledigen können, oder im Krisenfall helfen. Die Operation muss möglichst schnell gehen. Der Operateur ist dabei der Flaschenhals, d.h. er sollte nicht auf irgendeine Zuarbeit warten müssen. Dafür braucht es aber Andere um ihn herum, die verfügbar sind, und daher nicht voll ausgelastet werden können.
Noch ein medizinisches Beispiel… Wenn Sie das nächste Mal fustriert im Wartezimmer eines Arztes sitzen, betrachten Sie die Situation unter dem Gesichtspunkt der Auslastung: Damit der Arzt ausgelastet ist (keinen Leerlauf zwischen zwei Terminen hat), müssen sich die Patienten verfügbar halten. Wenn die Termine weniger eng getaktet wären, gäbe es kein volles Wartezimmer. Dafür ab und zu ein paar Minuten, in denen der Arzt keiner abrechenbaren Tätigkeit nachgeht. Das würde die Verhältnisse umkehren: Damit die Patienten besser ausgelastet sein können (schnell wieder ihrer Arbeit nachgehen oder gesund werden), erhöht der Arzt seine Verfügbarkeit.
Beides zusammen – hohe Auslastung und hohe Verfügbarkeit – wird auch probiert. Wer ausgelastet ist und trotzdem verfügbar sein will, muss sich nur dauernd unterbrechen lassen. Das ist das Los des gestressten Managers / Projektleiters, der ständig in Meetings sitzt und sich zwischen Tür und Angel den Mitarbeitern widmet, die jetzt mal ganz dringend eine Entscheidung von ihm brauchen. Durch die geteilte Aufmerksamkeit leidet dann sowohl die Qualität der Entscheidungen als auch die der Meetings.
Matthias Berth