Wenn man ein Buch als die Bibel für Lean in der Produktentwicklung bezeichnen wollte, so wäre es dieses:
Don Reinertsen
The Principles of Product Development Flow: Second Generation Lean Product Development
304 Seiten, 2009
Die Prinzipien lassen sich 1:1 übertragen auf’s Projektgeschäft in der IT, auf Wartungsaufgaben, Support, Innovationsprojekte allgemein usw. (wie sich das für Prinzipien gehört).
Zitat:
I believe that the dominant paradigm for managing product development is fundamentally wrong. Not just a little wrong, but wrong to its very core. It is as wrong as we were in manufacturing, before the Japanese unlocked the secret of lean manufacturing. I believe that a new paradigm is emerging, one that challenges the current orthodoxy of product development.
Er beginnt mit dem Grundsatz: Entscheidungen sollten nach ökonomischen Kriterien getroffen werden. Hier sind Verzögerungskosten am wichtigsten, weil sie oft den größten Einfluss auf das Gesamtergebnis haben. Das finden wir gleich am Anfang als Prinzip “E3: The Principle of Quantified Cost of Delay: If you only quantify one thing, quantify the cost of delay.” Große Differenzen in den Verzögerungskosten sind übrigens ein wesentlicher Unterschied zwischen Fertigung (wo Lean zuerst entwickelt wurde) und Produktentwicklung.
Eine Einsicht aus dem Lean Thinking ist das Prinzip “E5: The Inactivity Principle: Watch the work product, not the worker.” Diese Sichtweise ist die Grundlage zur Visualisierung von Arbeit an Kanban-Boards – wir beobachten, wie eine Aufgabe durch die einzelnen Phasen geht, wo etwas in’s Stocken kommt usw. Ebenso folgt (unter anderem) daraus der Grundsatz “Nicht auf Auslastung [der Entwickler] sondern auf Durchlaufzeit [der Aufgaben] optimieren”.
Wenn Sie jetzt meinen, das Buch sei sehr trocken und theoretisch, kann ich Sie beruhigen. Es gibt etliche Beispiele aus Reinertsens mehr als 30-jähriger Erfahrung, und obwohl es ziemlich durchstrukturiert ist, kann man es auch gut in einem Zug lesen. Es ist allerdings ziemlich komprimiert; er hat einmal sinngemäß gesagt, dass er auf 300 Seiten den Inhalt eines 600-Seiten-Buches unterbringen musste.
Ich greife mal ein paar von unseren Emails heraus, die man auch als Illustration zu den jeweiligen Prinzipien lesen kann:
Der Vortrag Second Generation Lean Product Development Flow (1h 27min) gibt einen guten Überblick.
Das Buch: The Principles of Product Development Flow: Second Generation Lean Product Development
Aha: 5/5, Haha: 0/5, Wow: 3/5
Wie Marcel Reich-Ranicki gern sagte: “Ein gutes Buch, ein wichtiges Buch”.
Matthias Berth