In der überlasteten Projektorganisation wird irgendwann alles als ganz dringend deklariert, weil es anscheinend sonst nie erledigt wird. Sich mit seinem Anliegen “hinten anzustellen” ist keine vielversprechende Strategie, wenn die Durchlaufzeiten in Jahren gemessen werden. Auch im gut laufenden Kanban-gesteuerten Prozess gibt es manchmal Dinge, für die wir nicht die üblichen x Tage Durchlaufzeit in Kauf nehmen wollen.
Ein guter Kompromiss zur Expressbearbeitung ist die Einführung einer “Überholspur” (priority lane) auf dem Board:
In diesem Beispiel können maximal zwei Tickets in die Expressbearbeitung gehen. Man muss sich mit dem Team über die Regeln für die Abarbeitung unterhalten, z.B. “Wenn Du ein Ticket fertig hast, ziehe das nächste vorrangig von der priority lane”, oder die extremere Variante: “Sobald etwas auf der priority lane erscheint, unterbricht ein Teammitglied die laufende Arbeit und kümmert sich darum.” Damit die Expressbearbeitung nicht zum Standard wird, braucht es ein WIP Limit und klare Richtlinien, welche Tickets auf die Überholspur dürfen. Die meiste Zeit sollte die Überholspur leer sein. Eine Regel könnte lauten: “nur für schwerwiegende Bugs aus dem Produktivbetrieb”.
Am Flughafen kann man etwas ähnliches beobachten: Am check-in für die Business Class stehen meist nur sehr wenige Leute, oder es gibt gar keine Warteschlange. Die Durchlaufzeiten sind also kurz, und dafür reserviert die Fluggesellschaft Kapazität.
In jedem Fall sollte man die Durchlaufzeiten auf der Überholspur erfassen und regelmäßig auswerten.
Matthias Berth