Viele Teams machen ein tägliches Standup-Meeting am Kanban-Board, um die für den jeweiligen Tag anliegende Arbeit zu besprechen, sich zu koordinieren und mögliche Hindernisse zu identifizieren. Man kann dabei reihum ein kurzes Status-Update geben, nach dem Schema: Was habe ich gestern gemacht, was liegt aus meiner Sicht heute an, welche Hindernisse sind absehbar? Oder man kann die Karten am Board eine nach der anderen durchsprechen.

Wenn man neue Arbeit auswählt, sollte man “von rechts nach links” vorgehen, also die späteren Phasen zuerst besprechen. Etliche Teams nehmen die naheliegendere Richtung “von links nach rechts”, sie sprechen also z.B. zuerst über “Ready for development”, dann über “Development”, “Test”, usw. Wenn man das so macht, neigt das Team dazu, Arbeit von links nach rechts zu “schieben” (push): Etwas neues anzufangen (eine Karte aus “Ready for Development” in “Development” zu verlegen) wird dann eher gemacht, als z.B. eine fertig getestete Karte auf die Produktivumgebung zu übertragen (Spalte: “Done”). Die Spalten weiter rechts werden dann schneller überfüllt, d.h. sie stoßen an ihr WIP-Limit, und es bildet sich ein Rückstau.

Von rechts nach links (pull) ist anfangs ungewohnt, es läuft ja entgegen unserer Leserichtung und entgegen der Flußrichtung der Arbeit. Aber man hat den großen Vorteil, dass die späteren Phasen erstmal “freigeräumt” werden, bevor weitere Karten in ihnen landen können. Erfahrungsgemäß bleiben immer noch genug Karten unterwegs stehen, so dass keine Phase zu oft leerläuft. Insgesamt fließt die Arbeit damit gleichmäßiger, und man kommt mit weniger WIP aus.

Auch braucht man im Standup die Karten weiter links (z.B. in Ready for Development) oft nicht mehr zu besprechen, weil in den späteren Phasen schon mehr als genug Arbeit für den jeweiligen Tag ausgewählt wurde.

Matthias Berth