[SL] Flow: Cross-Training damit man downstream aushelfen kann

Was tun, wenn die Arbeit stockt, weil wir in einer Phase am WIP-Limit sind? Wenn also z.B. alle 6 Slots in der Spalte Testing belegt sind und wir deswegen einen Rückstau in der Spalte Development haben? Die einfache Antwort ist, dass die Entwickler erstmal Pause machen bzw. sich anderen Dingen widmen (z.B. Technologie X erkunden), solange bis die Tester aufgeholt haben. Wir könnten aber auch sagen: “Liebe Entwickler, Ihr könnt jetzt sowieso keine neue Arbeit anfangen, weil wir am WIP-Limit sind. Sucht Euch mal eine Karte aus der Spalte Testing und bearbeitet die, damit wir den Stau auflösen können.” Entwickler werden also vorübergehend zu Testern. Unter dem Flow-Gesichtspunkt ist das sehr sinnvoll: wir erhöhen zeitweise die Kapazität am Flaschenhals (Testing) und verwenden dazu derzeit ungenutzte Ressourcen.

Dann wird eingewandt: Aber die Entwickler sind doch keine Tester. Sie wollen lieber Software machen, statt zu zeigen, was alles nicht funktioniert. Und vielleicht sind sie etwas teurer, sollten wir sie dann nicht mit Entwicklungsarbeiten auslasten? Außerdem können sie das Testen auch nicht so gut, dafür braucht man Erfahrung.

Alles plausible Einwände, aber es geht hier nur um eine zeitweise Entlastung. Die Entwickler können Karten auswählen, die leicht zu testen sind und den Rest den Profis überlassen. Natürlich sollte auch niemand seine eigene Entwicklungsarbeit testen, die Gefahr der Betriebsblindheit ist zu groß.

Die allgemeine Regel lautet: man sollte den KollegInnen aushelfen können, die in einer nachgelagerten Phase arbeiten (downstream). Wenn Sie also beispielsweise einen Prozess haben, bei dem nacheinander Business-Analysten, Entwickler und Tester an einer Aufgabe arbeiten, dann ist es durchaus sinnvoll, in Cross-Training zu investieren: Business Analysts können vielleicht kleinere Entwicklungsaufgaben übernehmen (Konfigurationsfiles ändern, Texte ändern). Entwickler können überschaubare Tests durchführen. Und alle können ggf. ein Deployment auf die Testumgebung anstoßen und überwachen (falls das nicht schon automatisiert geschieht). Die erforderlichen Fähigkeiten sind zwar nicht zum Nulltarif zu haben, aber der Trainings-Aufwand hält sich doch in Grenzen.

Was müsste bei Ihnen passieren, um eine solche Aushilfe möglich zu machen?

Matthias Berth

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