Wenn mal wieder ein Projekt ins Stocken geraten ist, dann schlägt die Stunde der “Helden”. Auf einmal ist es nicht mehr das Team sondern der Held, der ganz alleine und meist ohne Kontakt und Miteinbeziehen seiner Kollegen das aufgetretene Problem löst. Tritt dieser Fall häufiger in Ihrem Projektgeschäft auf, so sollten Sie sich fragen ob dieses Symptom “Heldentum” nicht Ihr Organisationsversagen kompensiert.
Die Sicht Ihres Helden ist durchaus verständlich, er liebt insgeheim seine Einsätze, denn ein Schulterklopfen von allen Seiten ist ihm sicher. Heldentum findet auch viele Nachahmer. Der Held wird sichtbar in der Organisation, wenn er in letzter Sekunde den Stillstand eines Projekts oder Programms verhindert und durch Kollegen und Vorgesetzte Applaus und Wertschätzung erfährt. Strukturell werden solche Helden von Unternehmen angezogen, deren organisatorische Kompetenz wenig ausgeprägt ist. Organisatorische Leistungsfähigkeit beinhaltet nämlich Prozesse, Strukturen, Rollen und vor allem gelebte Führungskultur.
Die Voraussetzung für die Förderung von Heldenkultur in Unternehmen sind Blockaden im Ablauf des komplexen und selbst einfachen Projektgeschäfts. Diese Blockaden führen, trotz Auflösung durch den oder die Helden, immer zu Verzögerungen von Vorhaben. Oftmals verzichten solche gehemmten Unternehmen auf Retrospektiven, kontinuierlichen Wissensaustausch, Lernfähigkeit und “Achtsamkeit”. Stets lautet die Ausrede, das Projektgeschäft ist immer Neuland und daher unvorhersehbar. Aber gerade unerwartete Situationen lassen sich meistern. Nehmen wir uns ein Beispiel an Organisationen, die täglich unter extremen Bedingungen zuverlässig funktionieren müssen, wie U-Boot-Besatzungen oder Feuerwehrmannschaften. In keiner dieser Organisationen werden Helden ausgebildet. Es wird aber geübt wie Probleme zu erkennen sind, Krisen präventiv erkannt werden und gemeinsam bewältigt werden:
Konzentration auf Fehler: Achten Sie auf Symptome für Funktionsstörungen, damit schulen Sie Praktiken zur Fehlerprävention.
Fördern Sie die Abneigung gegen vereinfachende Interpretationen: Geben Sie stattdessen unterschiedlichen Beteiligten die Möglichkeit zur systematischen Lösungssuche (hier hilft auch der Einsatz von Timeboxing).
Schulen Sie die Erhebung und Überwachung von Wechselwirkungen in betrieblichen Abläufen: Transparenz und Sensibilität für andere Fachbereiche und Funktionen begünstigt cross-funktionale Kommunikation.
Streben Sie nach Flexibilität: Der erste Ansatz dazu ist es bestehende Helden zu identifizieren und deren Wissen weiterzugeben.
Respektieren Sie fachliches Wissen und Können: Glaubwürdigkeit fördert den Respekt untereinander und verhindert firmenpolitisches Gerangel.
Wenn auch Sie immer wieder Geschwindigkeit in Ihren Abläufen verlieren und nur Helden das Feld überlassen, sollten Sie etwas ändern. Lassen Sie uns darüber reden.
Christoph Lefkes