[SL] Macht kürzere Projekte!

Was ist besser: zwei Projekte parallel abzuarbeiten, oder erst eins fertig machen und dann das andere starten? (Jetzt folgt: Ein Aha-Erlebnis zum Thema Verzögerungskosten, das anscheinend noch nicht allgemein verbreitet ist, obwohl Don Reinertsen das Beispiel wohl schon seit Jahrzehnten bringt.)

Machen wir es mal konkret. Sie haben 10 Leute und zwei Projekte, Alpha und Beta, mit je 50 Personenmonaten Zeitaufwand. Die Verzögerungskosten für beide Projekte sollen jeweils 20.000 Euro pro Monat betragen.

Variante 1 (parallel): Alpha und Beta werden gleichzeitig gestartet, mit je 5 Leuten. Beide sind nach 10 Monaten fertig.

Variante 2 (seriell): Alpha wird sofort gestartet, mit 10 Leuten. Beta ruht noch. Alpha ist nach 5 Monaten fertig, dann wird Beta gestartet, wieder mit 10 Leuten. Beta ist nach 10 Monaten fertig.

In Variante 1 (parallel) laufen Verzögerungskosten von 400 TEUR auf, nämlich:

Alpha:  10 Monate * 20.000 Euro = 200.000 Euro
Beta:   10 Monate * 20.000 Euro = 200.000 Euro

In Variante 2 sparen wir 100 TEUR Verzögerungskosten, weil Projekt Alpha nun 5 Monate früher geliefert wird:

Alpha:   5 Monate * 20.000 Euro = 100.000 Euro
Beta:   10 Monate * 20.000 Euro = 200.000 Euro

Einfach so: aus zwei Zehnmonats-Projekten haben wir zwei Fünfmonats-Projekte gemacht und dabei ein Viertel der Verzögerungskosten gespart. Nochmal zur Festigung:

Zwei gleiche Projekte seriell statt parallel abzuarbeiten spart 25% der Verzögerungskosten.

Also mich hat das ganz schön überrascht, als ich es zum ersten Mal gesehen habe.

Nicht nur Projekt Alpha ist besser dran, weil es fünf Monate früher fertig wird, Projekt Beta hat auch noch ein paar Vorteile:

Und es gibt Vorteile für die gesamte Organisation, vor allem, wenn man das auf viele Projekte ausdehnt:

Die Zahl parallel laufender Projekte sollte also möglichst klein gehalten werden, weil es ökonomisch vernünftig ist. Statt vielen nebeneinander her laufenden Langzeitprojekten machen wir lieber genauso viele Kurzzeitprojekte, von denen immer nur wenige aktiv sind.

Vergleichen Sie das mal mit der gängigen Praxis. Da werden ja die Leute sogar regelmäßig mehreren Projekten gleichzeitig zugeordnet – 20 Mitarbeiter für 30 laufende Projekte, oder wie ist das bei Ihnen?

Jetzt werden einige wahrscheinlich sagen: “Schön und gut, aber das ist eine Milchmädchenrechnung, weil…”, oder “Bei uns geht das nicht, weil…”.

Ja, es gibt etliche Einwände… auf die ich gern morgen eingehen will.

Matthias Berth

Alle Emails