Projekte, die sich mehrfach verzögert haben, werden sich durch einen zusätzlichen Einsatz von Personal noch weiter verzögern. Warum ist das aber so? Sonst gilt doch auch die Devise “Viel hilft viel”?

Wenn wir in der Krisenintervention Projekte in Schieflagen analysieren, dann ist in den wenigsten Fällen die geringe Anzahl an Mitarbeitern die Ursache. Meist wurde auch schon im Verlauf solcher Projekte mehrfach Personal ergänzt, doch die erwartete Aufholjagd zum Erreichen des Fertigstellungstermin war erfolglos. Die Gründe liegen in strukturellen Defiziten, wie etwa:

• Die Anforderungen wurden nicht verstanden oder sind nicht ausgereift.
• Architektur und Technologieauswahl sind nicht tragfähig.
• Die Projekt- und Unternehmensorganisation hat nicht den nötigen Reifegrad, das Projekt durchzuführen.
• Aufgaben, Rollen und Kompetenzen sind nicht eindeutig definiert.
• Der Kontext und Anhängigkeiten wurden nicht geklärt oder bedacht.

Quelle: eigenes Bild

Dieser Betrag widmet sich bewusst den Schwerpunkt “eindeutige Aufgaben, Rollen und Kompetenzen”. Denn unabhängig vom Vorgehensmodell, ob klassisches Phasenmodell oder “agil”, müssen folgende Aufgaben eindeutig einzelnen Personen zugeordnet werden:

• Anforderungs-Definition und Scope-Management. Es muss für Anwender, Auftraggeber oder das Unternehmen ein potentieller Nutzen aus der Umsetzung ersichtlich sein. Die Anforderungen müssen ganzheitlich erkannt, erhoben, konsolidiert und gemanagt/priorisiert werden.

• Technische und fachliche Umsetzung. Das erfordert ganzheitliche Definition und Abstimmung des Lösungsrahmens bezogen auf die Geschäftsprozesse, IT-Architektur und formelle Rahmenbedingungen wie u.a. Datenschutz und -Sicherheit, Revisionsfähigkeit oder Nachnutzbarkeit.

• Test und Qualitätssicherung. Dazu gehört Risiko- und Qualitätsanalyse der Anforderungen, insbesondere bezogen auf Abhängigkeiten und Kritikalität der Geschäfts- und IT-Prozesse, sowie die Definition und Prüfung von Akzeptanzkriterien.

• Fachliche und Betriebliche Abnahme. Klärung von Übergaben zur Nutzung im produktiven Betrieb, Einbettung in bestehende Abläufe und Routinen, Anlaufunterstützung und weitergehendes Change-Management.

• Nutzung und Weiterentwicklung. Prüfung von Akzeptanz u.a. durch Retrospektiven, Konsequente und kontinuierliche Verbesserung durch Auftraggeber und vor allem Konsumenten

Prüfen Sie bewusst in Ihren Projekten, ob alle Aufgaben besetzt und eindeutig verantwortet sind. Vermeiden Sie somit die wesentlichen Ursachen für Projektverzögerungen und Krisen.

Christoph Lefkes