[SL] Viele Leute auf wenigen Projekten

Neulich hatten wir schon gesehen, dass man Verzögerungskosten sparen kann, indem man Projekte bzw. Aufgaben nacheinander statt parallel abarbeitet. Hier ist nochmal eine Grafik dazu. Wir arbeiten zwei Projekte Alpha und Beta parallel zueinander ab, und brauchen dafür mit 10 Leuten jeweils 2 Quartale:

Parallele Abarbeitung

Die Verzögerungskosten für beide Projekte sind 60.000 Euro pro Quartal, oder 20.000 Euro pro Monat. Wir sparen hier im betrachteten Zeitraum 120.000 Euro Verzögerungskosten.

Die Alternative ist, beide Projekte nacheinander abzuarbeiten:

Sequenzielle Abarbeitung

Für den betrachteten Zeitraum sind es also hier 180.000 Euro eingesparte Verzögerungskosten, einfach weil wir den Nutzen von Projekt Alpha schon nach dem ersten Quartal realisieren können. Dafür müssen wir dann auch doppelt so viele Leute, nämlich 20, auf ein Projekt setzen.

Wenn man das weiter denkt, dann wäre es ja am besten, wenn die ganze Organisation nur noch an einem einzigen Projekt arbeitet, oder? 200 Leute machen dann ein Projekt von 1000 Personentagen Umfang in 5 Tagen fertig – Startschuss am Montag und Lieferung am Freitag. Wäre das nicht schön? Dazu fällt mir das Zitat von Wernher von Braun ein:

Crash programs fail because they are based on theory that, with nine women pregnant, you can get a baby in a month.

Die Beschränkung auf ein einziges Projekt führt also auch zu absurden Konsequenzen. Trotzdem lohnt es sich, darüber nachzudenken, wie wir möglichst wenige gleichzeitige Projekte machen können. Wer mit demselben Personal weniger Projekte machen will, muss pro Projekt mehr Leute einsetzen. Statt “Keine parallelen Projekte mehr!” lautet das realistische Ziel “Möglichst wenige parallel laufende Projekte, mit möglichst vielen Leuten pro Projekt.”

Im Prinzip könnte das so aussehen: Die folgende Grafik zeigt eine Organisation von 200 Leuten, die an 20 parallel laufenden Projekten arbeiten. Jeder waagerechte Streifen steht für 10 Leute, die an demselben Projekt arbeiten. Jedes Projekt braucht in meinem Modell 50 Personenquartale, es dauert also 5 Quartale.

20 parallel laufende Projekte

Wir können dieselbe Kapazität auch anders aufteilen. Statt 20 machen wir nur noch 4 gleichzeitige Projekte, und jedes Projekt wird nun von 50 Leuten bearbeitet:

4 parallel laufende Projekte

Wir bekommen jetzt schon nach dem ersten Quartal den Nutzen von den Projekten P1, P2, P3 und P4. Wenn wir jedes Projekt wieder mit Verzögerungskosten von 60.000 Euro pro Quartal ansetzen, spart die sequenzielle Abarbeitung ziemlich viel Geld. Allein für P1-P4 sind das jeweils 4 Quartale (nämlich Q2 bis Q5) mal 60K, also jeweils 240K. Für alle Projekte sparen wir 2,4 Mio Euro:

   P1 -  P4: 4 * 4 * 60K = 960K
   P5 -  P8: 4 * 3 * 60K = 720K
   P9 - P12: 4 * 2 * 60K = 480K
  P13 - P16: 4 * 1 * 60K = 240K
             ------------------
             Summe       2.400K

Und keines der Projekte wird später fertig als in der hochgradig parallelen Version oben, außerdem bekommen wir zusätzliche Optionen; z.B. könnten wir Projekt P20 noch bis Q4 abwählen, ohne Mehrkosten.

Was ist nun besser? Je 50 Leute auf 4 gleichzeitigen Projekten zu beschäftigen, oder je 10 Leute auf 20 gleichzeitigen Projekten? Und wie würde eine ähnliche Betrachtung in Ihrer Organisation aussehen?

Matthias Berth

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