Unsere heutige Empfehlung ist ein Buch über einen der Visionäre und Inspiratoren des frühen Internet-Zeitalters:
M. Mitchell Waldrop The Dream Machine: J.C.R. Licklider and the Revolution That Made Computing Personal, 528 Seiten.
Licklider schreibt über “Man Computer Symbiosis” im Jahre 1960, also die immer engere Verflechtung von menschlicher Wissensarbeit und Software:
The hope is that, in not too many years, human brains and computing machines will be coupled together very tightly, and that the resulting partnership will think as no human brain has ever thought and process data in a way not approached by the information-handling machines we know today.
Sein Memo aus dem Jahre 1963 richtet sich an “Members and Affiliates of the Intergalactic Computer Network”. Dort wird beschrieben, wie ein Computernetz aus Sicht eines Benutzers aussehen könnte, daraus wurde das ARPANet und schließlich das Internet. Er soll das Wort “intergalaktisch” gewählt haben, damit die Ingenieure nicht zu klein denken: Statt nur einen Handvoll Standorte miteinander zu vernetzen, sollten sie ein System entwerfen, das als weltumspannendes Netzwerk funktionieren kann.
1968, also vor ca. 50 Jahren, schreibt er “The Computer as a Communication Device”. Zitat: “In a few years, men will be able to communicate more effectively through a machine than face to face.” Sein Hintergrund als Psychologe ermöglichte es ihm, Computer als Kommunikations-Medium zu sehen. Es geht dabei um wesentlich mehr als das Übermitteln von Nachrichten, Licklider meint die Zusammenarbeit von Wissensarbeitern.
Vordergründig war Licklider einer der Visionäre, der es auch noch geschafft hat, dem Pentagon die nötige Finanzierung zu entlocken. Sein größtes Verdienst ist wohl die Entstehung einer ganzen Community von Forschern an Universitäten und in der Industrie, die von gemeinsamen Visionen inspiriert und geleitet waren. Ich zitiere den Kommentar von Patrick Collison, Mitgründer von Stripe:
For such an importance force, there’s surprisingly little cultural understanding of how the internet came to be, and of the kind of thinking and philosophy that underpinned it. It turns out that the story is quite remarkable. The Dream Machine is a meticulously-researched investigation that captures both the institutional dynamics and personal aspirations that led to personal computers and the internet. Waldrop digs deep (acoustics, cybernetics, information theory, Radar), and the result is a work that properly situates Licklider’s work in its relevant context.
Eine ziemlich ausführliche Besprechung des Buches ist auch bei Jeff Moser: Who Is This “Licklider” Guy?.
Matthias Berth